Cookieless Future – Sterben Cookies wirklich aus? Teil 2: Herausforderungen in der Webanalyse und bei der Conversion-Messung
Im ersten Teil unseres Artikels zum Thema “Cookieless Future” haben wir uns mit den 3rd Party Cookies im Google Chrome Browser befasst. In diesem Artikel beschäftigen wir uns jetzt mit den Herausforderungen der 1st Party Cookie, welche die Webanalyse und Conversion-Messung ermöglichen.
Welchen Herausforderungen müssen wir uns stellen?
Auch wenn keine Browser mehr 3rd Party Cookies unterstützen, bleibt die Webanalyse z.B. durch GA4 davon unberührt, da diese auf 1st Party Cookies basieren (meist clientseitig). Die 1st Party Cookies werden aber ebenfalls immer unbeliebter und werden immer mehr von Website-Besuchern abgelehnt oder direkt von den Browsern blockiert oder zeitlich begrenzt. Übergeordnet kann man sagen, dass ein stärkeres Bewusstsein gegenüber den eigenen Daten sowie erhöhte rechtliche Anforderungen an die Datenerhebung und -speicherung letztendlich zu blockiertem, eingeschränktem oder verfälschtem Tracking führen.
Die Anforderungen an Cookie Consent Banner werden immer schärfer. Sogenanntes “Nudging” bei dem man den “Alle Cookies akzeptieren”-Button größer und auffälliger gestaltet, sodass dieser von mehr Website-Besuchern geklickt wird, ist eigentlich schon länger nicht mehr erlaubt. Das führt letzten Endes dazu, dass immer mehr Website-Besucher die Cookies ablehnen und wir weniger Daten in unseren Web-Analyse Tools sehen und damit sehen wir auch immer weniger Conversion-Daten. Außerdem nutzen einige Website-Besucher Tools wie Ad-Blocker, die auch die Web-Analyse-Cookies oder die Conversion-Messung blockieren können.
Eine weitere Herausforderung sind die Browser-Hersteller. Vorreiter in Sachen Datenschutz ist meist der Safari-Browser von Apple. Dieser blockiert schon länger die 3rd Party Cookies und 1st Party Cookies werden zeitlich stark eingeschränkt und sind zum Teil nur noch 24 Stunden lang gültig (Stichwort: Tracking Prevention).
Warum sind diese Einschränkungen für die Web-Analyse oder Conversions-Messung relevant?
Die Einschränkungen der 1st Party Cookies bedeuten für uns im Marketing, dass Website-Besucher entweder gar nicht mehr gemessen werden oder nicht mehr als wiederkehrende Nutzer erkannt werden. Beides ist für unsere Erfolgsbewertung nicht optimal. Ersteres führt “lediglich” zu fehlenden Daten, wobei letzteres aber zusätzlich zu verfälschten Daten führen kann und damit zu einer Missinterpretation der Erfolgsbewertung führen kann. Aber warum? Wenn ein Website-Besucher zwar gemessen wird, aber der Browser das Cookie auf 7 Tage oder sogar 24 Stunden begrenzt, dann wird der Besucher nach dieser Zeit als neuer Besucher erkannt und somit kann die Customer Journey dieses Besuchers inklusive der beteiligten Marketing-Kanäle nicht mehr richtig zugeordnet werden. Oder kurz gesagt, die Attribution kann nicht richtig erfolgen und erfolgreiche Marketing-Kampagnen, die für einen Kauf (mit) verantwortlich waren, werden nicht erkannt und daraufhin falsch schlecht bewertet.
Was ist Attribution?
Attribution ist das Betrachten aller Marketing-Kanäle, die Kontakt mit dem Kunden hatten und damit zu gewissen Anteilen an einer Erfolgsaktion (meist ist das der Kauf) beteiligt waren. Vergleicht man das z. B. mit einer Fußballmannschaft, dann kann man sagen, dass diese aus mehreren Spielern besteht, aber nur einer am Ende das Tor schießt (=Erfolg). Ein Kunde hat Kontakt zu mehreren Werbekanälen eines Unternehmens (Werbekanälen sind wie die Spieler auf dem Spielfeld) und nach dem letzten Kontakt kauft der Website-Besucher etwas bei dem Unternehmen (=Tor durch den Torschützen, also Erfolg durch den letzten Marketing-Kontakt). So wie die anderen Spieler mit Ballkontakt das Tor mit vorbereitet haben, haben auch alle Marketing-Kontakte mit dem Besucher den Kauf mit vorbereitet.
In unserem Beispiel im Bild gab es vor dem Tor nicht nur den Ballkontakt mit dem Torschützen, sondern insgesamt mit 5 Spielern. Übersetzt in die Marketingwelt bedeutet das, dass der Besucher vor dem Kauf auf der Website 5 Kontaktpunkte mit dem Unternehmen hatte: ein Klick auf einen organischen Facebook-Post, ein YouTube-Video gesehen, eine Instagram-Anzeige gesehen, ein Klick auf ein organisches Suchergebnis und als letzten Kontakt ein Klick auf eine Google-Anzeige.
Die Einstellung der Attribution entscheidet dann, zu wie viel Prozent die 5 Kontaktpunkte am Kauf beteiligt waren. Das kann zum Beispiel so aussehen:
35% Organischer Facebook-Post
10% YouTube-Video
10% Instagram-Anzeige
10% Organisches Suchergebnis
35% Google-Anzeige
Dies ist jetzt eine sehr vereinfachte Darstellung, um zu erläutern, was Attribution im Marketing bedeutet. In der Realität sind es mittlerweile viel mehr Kontaktpunkte auf unterschiedlichen Geräten (was die Attribution zusätzlich verkompliziert oder verfälscht) und zumeist erfolgt die prozentuale Verteilung nach einem datengetriebenen Modell.
Wie stellen wir uns diesen Herausforderungen?
Wir haben für uns als Agentur bisher 2 mögliche Lösungsansätze identifiziert, die wir mit unseren Kunden bei Bedarf besprechen. Das sind serverseitiges Tagging über den GTM sowie cookieless Tracking.
Serverseitiges Tagging (Hybrid)
Was ist das?
Wir nutzen bei fast allen Kunden den Google Tag Manager (GTM) als Tracking Tool. Im Gegensatz zum normalen Tagging (clientseitiges Tagging) kommt beim hybriden serverseitigen Tagging ein zusätzlicher GTM Container und ein virtueller Google-Server zum Einsatz. Beim normalen (Clientseitiges Tagging) werden Daten direkt vom Browser (Client) an die Google-Server gesendet. Durch den Einsatz von serverseitigem Tagging werden die Daten nicht direkt an einen Google-Server geschickt, sondern zuerst vom Browser (Client) an den eigenen Server (dafür benötigt man eine neue Subdomain). Dort kann man die Daten weiterverarbeiten und bei Bedarf auch nochmal anpassen und kann somit selbst entscheiden, welche Daten man an die Google-Server weiter schickt und welche nicht.
Normalerweise muss man sich als Vorbereitung für das serverseitige Tagging als Unternehmen ein eigenes Google Cloud Konto anlegen und den Server dort selbst einrichten und die Zahlungsdaten hinterlegen. Der neue GTM-Server-Container ist zwar weiterhin kostenfrei, aber der Google-Server ist ein kostenpflichtiges Produkt. Je nach Art der Einrichtung und Website-Traffic kommen für einen gut besuchten Online-Shop ca. 100-150€ monatlich zusammen. Da schon für viele Unternehmen die Einrichtung und Betreuung eines Google Cloud Kontos eine Herausforderung darstellen kann, kann man hier auf Tools zurückgreifen, die einem diese Arbeit abnehmen, wie z.B. owntag. Damit müsst ihr euch nicht mit einem Google Cloud Konto und der Server-Einrichtung auseinandersetzen, sondern müsst nur eine Subdomain bereitstellen (bei dem eure Entwickler später noch die DNS-Einträge hinterlegen müssen) und das Tool erledigt den Rest. Die Einrichtung des neuen GTM-Server-Containers und die Anpassungen im GTM-Web-Container müsst ihr natürlich trotzdem anpassen oder lasst sie von der Tracking-Agentur eures Vertrauens anpassen.
Was bringt es mir?
Auch bei serverside Tagging benötigt ihr weiterhin einen Cookie-Consent-Banner. Dies ist also keine Maßnahme, um die Consent-Ablehnungen wieder aufzufangen, sondern um die Cookie-Laufzeit-Begrenzung der Browser zu umgehen. Für die Browser macht es nämlich einen Unterschied, ob das 1st Party Cookie clientseitig gesetzt wurde oder serverseitig. Wird das Cookie serverseitig gesetzt, dann wird es von den Browsern weniger oft zeitlich so eng begrenzt, sondern ist wieder bis zu 2 Jahre gültig. Damit werden die Website-Besucher dann auch als wiederkehrende Besucher erkannt und alle Marketing-Kontakte richtig zugeordnet.
Apple hat hier bereits schon wieder nachgelegt und inzwischen muss die IP-Adresse des Servers mit der IP-Adresse der besuchten Website übereinstimmen. Das ist in den seltensten Fällen so bzw. verlangt einen enormen technischen Aufwand. Neben den großartigen Vorteilen hat serverseitiges Tagging also auch seine Nachteile. Es wird zum Beispiel immer ein Katz-und-Maus-Spiel mit den Browser-Herstellern sein und man kann sich nicht auf die einmalige Einrichtung verlassen. Außerdem sind noch nicht alle Werbe-Tags und Funktionen, die man aus dem GTM-Web-Container kennt, im GTM-Server-Container verfügbar. Es wird aber angenommen, dass das von Zeit zu Zeit nachgerüstet wird.
Google selbst hat eine Case Study mit AboutYou gemacht über den Einsatz von serverseitigem Tagging. Die Ergebnisse könnt ihr hier unter “Schneller und sicherer: So gut ist die neue Zukunftstechnologie von About You” nachlesen.
Cookieless Tracking
Was ist das?
Für cookieless Tracking gibt es verschiedene Anbieter mit unterschiedlichen Funktionen und in unterschiedlichen Preissegmenten. Die meisten davon nutzen keine 1st Party Cookies mehr, sondern andere Technologien, um die Nutzer wiederzuerkennen. Je nach Tool und Einsatz kann es also sein, dass gar kein Cookie Consent Banner benötigt wird. So zuminest der Slogan von einigen Tool-Anbietern. Allerdings würden wir von diesem Wunsch-Gedanken abraten. Zum einen hat man neben der Web-Analyse auch noch andere Tools und Cookies im Einsatz, die eine Zustimmung und einen Cookie Banner benötigen. Zum anderen sollte man sich dann rechtlich wirklich sehr sicher sein, dass man keine bedenklichen Daten weiter sendet und das auf jeden Fall doppelt von einem Datenschutzbeauftragten und / oder Anwalt freigeben lassen.
Ein Lösungsansatz kann z. B. sein, dass man weiterhin Google Analytics nutzt, aber mit einem anderen Tag Management System als den Google Tag Manager, dass die Daten via serverside Tracking erheben kann wie z.B. Jentis. Ein anderer Lösungsansatz kann sein, dass man sich ein neues Web-Analyse-Tool anschaut als Ersatz bzw. eher als Ergänzung zu Google Analytics. Gerade in der Anfangszeit empfiehlt es sich dann beide Tools parallel laufen zu lassen, um die Daten abzugleichen und besser verstehen zu können.
Was muss dabei beachtet werden?
Wir empfehlen sich zuerst Gedanken zu machen, welche Daten man mit dem neuen Web-Analyse-Tool messen möchte. Da diese Tools sich nicht an allen Daten bedienen können, um z. B. eine consentless Messung möglich zu machen, sind damit auch nicht alle Metriken wie in den herkömmlichen Web-Analyse-Tools wie Google Analytics verfügbar. Sollte ich also eine KPI haben, die mir besonders wichtig ist, dann sollte man sich zuvor erkundigen, ob das Tool diese Metrik mit abdecken kann. Einige Tool-Anbieter machen zum Beispiel cookieless Tracking, aber nur für Seitenbesuche. Die Verkäufe können mit diesem Verfahren nicht gemessen werden, was meist aber eine wichtige Kennzahl ist. Außerdem sollte man sich erkundigen, wie das Tool die Besucher wiedererkannt bzw. in welchem Zeitraum. Auch beim cookieless Tracking ist es wichtig, dass die Nutzer wiedererkannt werden (Stichwort: Attribution). Je nach Tool kann es aber sein, dass ein Zeitstempel von z. B. 30 Tagen gesetzt wird. Wenn man sich sicher ist, dass die Produkte eine eher kurze Customer Journey mit sich bringen, kann man das eventuell verschmerzen. Für Produkte mit einer meist langen Customer Journey über mehrere Monate wäre so ein Tool i. d. R. nicht hilfreich. Außerdem sollte man beachten, dass es eventuell keinen Import in die Werbekonten gibt, wie man das von GA4 zu Google Ads gewohnt ist und die UTM-Parameter müssen zusätzlich in allen Kanälen gut gepflegt werden, auch in Google Ads und in Microsoft Ads.
Was bringt es mir?
Das cookieless Tracking soll es ermöglichen, wieder alle Website-Besucher zu erkennen und zu analysieren, auch die, die die Cookies ablehnen. Inwieweit das Cookieless-Analyse-Tool das bisherige Analyse-Tool direkt ablöst oder ergänzt, muss im Einzelfall entschieden werden. In der Regel lassen die meisten Unternehmen beide Tools erst mal parallel laufen, also z. B. GA4 und noch ein weiteres Analyse-Tool.
Außerdem möchte man mit diesem Tool im besten Fall die gesamte oder zumindest eine längere Customer Journey wieder abbilden und die vorbereitenden Marketing-Kontakte wieder erkennbar machen, sodass die Attribution verbessert wird.
Fazit
Durch steigende rechtliche Anforderungen an die Datenerhebung und -speicherung können wir immer weniger Daten in der Web-Analyse oder bei der Conversion-Messung sehen bzw. sehen sogar verfälschte Daten, wenn die Cookie-Laufzeit in den Browsern begrenzt ist. Die Website-Besucher lehnen die Cookie im Consent Banner immer mehr ab und Browser wie Safari oder Firefox begrenzen die Cookie-Laufzeit sehr stark, was dazu führt, dass der gleiche Besucher als wiederkehrender Besucher erkannt wird und auch die vorbereiteten Marketing-Quellen nicht mehr vollständig erkannt werden.
Um sich diesen Herausforderungen zu stellen, kann man sich zum Beispiel mit hybridem serverseitigem Tagging oder auch mit cookieless Tracking beschäftigen. Je nach Unternehmen und Zielsetzung kann man beide Möglichkeiten kombinieren oder auch nur eins davon einsetzen. Auch keines davon einzusetzen kann eine Entscheidung sein, wenn die finanziellen oder personellen Mittel nicht vorhanden sind, um diese Projekte professionell zu betreuen.
Das alles bedeutet aber nicht, dass es zukünftig keine Cookies mehr geben wird. Auch die “herkömmliche” Web-Analyse, die auf clientseitigen 1st Party Cookies basiert, wird es voraussichtlich weiter geben und auch Conversions werden weiterhin so gemessen werden (es sei denn, dass der Datenschutz etwas dagegen hat). Bei der Analyse und Interpretation der Daten sollte man sich nur der Einschränkungen bewusst sein.